Die nicht geringe Menge im Betäubungsmittelstrafrecht - Bestimmung und ausgewählte Grenzwerte

Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick zu den Grenzwerten, welche die Rechtsprechung für die Bestimmung der nicht geringen Menge entwickelt hat. Bitte beachten Sie, dass -bei aller aufgewendeten Sorgfalt- keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Angaben übernommen werden kann. Für die Mengenbestimmung kommt es auf den Wirkstoffgehalt, der bei einzelnen Betäubungsmitteln -je nach Herkunft und Herstellung- stark schwanken kann. Wird der unten angegebene Grenzwert nicht erreicht, liegt keine nicht geringe Menge vor, was erhebliche Auswirkungen auf die zu erwartende Strafe hat.

 

Zum Begriff der nicht geringen Menge

Der Begriff der nicht geringen Menge entstammt den Regelungen der §§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 sowie 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes. Dort sind für Taten, bei denen mit eine nicht geringe Menge Betäubungsmittel umgegangen wird, teils erhebliche Strafverschärfungen vorgesehen. So erhöht sich sowohl bei dem Besitz als auch bei dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln die Strafandrohung von Geldstrafe auf mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Damit handelt es sich dann um ein Verbrechen im Sinne des § 12 Abs. 1 StGB.

 

 

Demnach ist die Frage, ob und unter welchen Bedingungen von einer nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels auszugehen ist, von essenzieller Bedeutung.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bestimmt sich der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität[1]. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs[2]. Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes zu bemessen[3].  Lassen sich auch zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen[4]. Danach kann die nicht geringe Menge eines Betäubungsmittels wegen der in illegalen Betäubungsmitteln sehr unterschiedlichen Wirkstoffgehalte grundsätzlich nicht anders festgesetzt werden als durch ein Vielfaches des zum Erreichen eines stofftypischen Rauschzustandes erforderlichen jeweiligen Wirkstoffs (Konsumeinheit).  Dabei müssen die Grenzwerte für die verschiedenen Betäubungsmittel gerade wegen ihrer qualitativ unterschiedlichen Wirkung aufeinander abgestimmt sein.  Die Anzahl der, für die Bestimmung des Grenzwertes zugrunde zu legenden, bestimmt sich ebenfalls nach der Gefährlichkeit und Wirkung der jeweiligen Substanz[5].



[1] siehe nur BGH, Urteile vom 3. Dezember 2008 -2 StR 86/08, BGHSt  53, 89 und vom 17.  November 2011 -3 StR 315/10, BGHSt  57, 60.

[2] BGH, Urteil vom 22.  Dezember 1987 -1 StR 612/87, BGHSt 35, 179.

[3] BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 -2 StR 86/08, BGHSt  53, 89.

[4] BGH, Urteile vom 24.  April 2007 -1 StR 52/07, BGHSt  51, 318 und vom 17. November 2011 -3 StR 315/10, BGHSt 57, 60

[5] Bundesgerichtshof, Urteil des 2. Strafsenats vom 3.12.2008 - 2 StR 86/08, zitiert nach bundesgerichtshof.de

 

Grenzwerte für die nicht geringe Menge

Betäubungsmittel

Wirkstoff-Grenzwert (nicht geringe Menge)

Entscheidungen

Cannabis

7,5 g Tetrahydrocannabinol (THC)

BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95 –, BGHSt 42, 1-15; aktuell: BGH, Urteil vom 21. April 2016 – 1 StR 629/15 –, zitiert nach juris

Heroin

1,5 g Heroinhydrochlorid; ebenso: 1,5 g Diacetylmorphin-Hydrochlorid, BEACHTE: Morphinzubereitungen gelten als weniger gefährlich, so dass bei Morphinhydrochlorid ein Grenzwert von 4,5 g anzusetzen ist

BGH, Beschluss v. 07.11.1983 - 1 StR 721/83; aktuell: BGH, 2 StR 628/07 - Urteil vom 12. März 2008; zur geringeren Gefährlich von Morphinzubereitungen: BGH, Urteil v. 22.12.1987, 1 StR 612/87

Kokain / Crack

5 g Kokainhydrochlorid

LG Waldshut-Tiengen, Urteil v. 28. November 2005 – 2 KLs 14 Js 2290/05 –, juris, dort Rn. 44; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 5 StR 146/16 –, juris, Rn. 4

Metamphetamin

5 g Metamphetamin-Base, entsprechen: 6,223 Gramm Metamfetaminhydrochlorid

BGH, Urteil vom 03. Dezember 2008 – 2 StR 86/08 –, BGHSt 53, 89-98; aktuell: BGH, Beschluss vom 03. September 2013 – 1 StR 206/13 –, juris

Amphetamin (z.B. Speed)

10 g Amphetamin-Base, 15 g 4-Fluoramfetamin-Base

BGH, Urteil vom 11. April 1985 – 1 StR 507/84 –, BGHSt 33, 169-172; zu Fluoramphetamin: LG Kleve, Urteil vom 07. November 2014 – 120 KLs 29/14, 120 KLs - 103 Js 463/13 - 29/14 –, juris

Synthetische Cannabinoide, z.B. „Spice“, „SenCation“, „Jamaican Gold Extreme“

2 g Wirkstoff JWH-210, 6 g Wirkstoff JWH-019, 2 g Wirkstoff JWH-018, 6 g Wirkstoff JWH-073, 6 g Wirkstoff CP 47,497

für JWH-210: OLG Nürnberg, Urteil vom 04. April 2016 – 2 OLG 8 Ss 173/15 –, juris; für JWH-019: BGH, Urteil vom 05. November 2015 – 4 StR 124/14 –, juris; für JWH-018 und CP 47,497-C8: BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13 –, juris, Rn. 34 und 55; für JWH-073 und CP 47,497: BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13 –, juris, Rn. 92

MDMA, Ecstasy

Amphetaminderivate MDA, MDMA und MDE: 30 g MDMA-Base, 30 g MDE-Base (entspricht 35 g MDE-Hydrochlorid)

BGH, Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 21/01 –, juris; BGH, Urteil vom 09. Oktober 1996 – 3 StR 220/96 –, BGHSt 42, 255-268

 

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