Quo vadis subventionserhebliche Tatsache?

Durch die COVID-19-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung verhängten Maßnahmen sind vielen Unternehmen erhebliche wirtschaftliche Schäden entstanden. Um diese zu kompensieren haben alle Bundesländer -zum Teil unterschiedliche- Soforthilfe-Programme aufgelegt, die es betroffenen Unternehmen ermöglichen sollten, die mit der Krise einhergehenden Umsatzeinbußen zu kompensieren bzw. weiter für die laufenden Kosten des jeweiligen Unternehmens aufkommen zu können. Bekannt geworden sind derartige Programme zumeist unter dem Begriff "Corona-Soforthilfe".

 

Diese wird nach anfänglichen Unsicherheiten nunmehr von beinahe allen relevanten Stellen als Subvention im Sinne des § 264 StGB betrachtet, so dass z.B. unwahre oder unvollständige Angaben auch die Gefahr einer Verfolgung wegen des Verdachts des Subventionsbetruges nach sich ziehen können. Hierzu müssen jedoch auch weitere Voraussetzungen vorliegen.

 

Tatsächlich stellt das Machen unvollständiger oder unrichtiger Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB den häufigsten Fall des Subventionsbetruges dar. Diskutiert wird bei derartigen Vorwürfen, insbesondere wegen der häufig kurzen und oberflächlichen Fragen in Anträgen auf die sogenannte "Corona-Soforthilfe", ob die ggf. falschen oder unvollständigen Angaben über sogenannte subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des Gesetzes gemacht wurden. Wann eine Tatsache subventionserheblich ist, ergibt sich aus § 264 Abs. 9 StGB.

 

Der § 264 Abs. 9 StGB sieht vier Formen des Ausweises subventionserheblicher Tatsachen vor: 

 

1. Die formale Bezeichnung durch Gesetz (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 1. Alt.),

2. die formale Bezeichnung durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes (Nr. 1 2. Alt.),

3. die gesetzliche Abhängigkeit von den Bewilligungsvoraussetzungen (Nr. 2 1. Alt.)

 

sowie

 

4. die Abhängigkeit der Bewilligung nach dem Subventionsvertrag (Nr. 2 2. Alt.)

 

Bei den Corona-Soforthilfen besteht, soweit dies hier bekannt ist, keine eigene gesetzliche Grundlage, die die im Antrag genannten Tatsachen als subventionserheblich bezeichnet bzw. die Bewilligungsvoraussetzungen im Einzelnen regelt (lediglich Haushaltsgesetze im Allgemeinen). Es liegt auch kein Subventionsvertrag vor. Letztlich käme dann nur eine formelle Bezeichnung durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes als mögliche Variante in Betracht. Dazu wurde geprüft, ob § 2 Abs. 1 SubvG (ggf. in Verbnindung mit § 1 SubvG M-V) eine derartige gesetzliche Grundlage darstellen kann, was mit der Kommentierung (MüKo-StGB/Ceffinato, 3. Auflage, § 264, Rn. 66 m.w.N.) bejaht wird. Deshalb stellt sich die Frage, ob die in den jeweiligen Anträgen der Bundesländer verwendeten Formulierungen ausreichen, um einzelne Tatsachen als subventionserheblich zu kennzeichnen.

 

Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 04.05.2021 -6 StR 137721- eben diese Frage u.a. am Beispiel des niedersächsischen Formulars ("Version 2") in Blick genommen. Die dort relevante Formulierung lautete auszugsweise: "alle in diesem Antrag (inklusive dieser Erklärung) anzugebenden Tatsachen subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB sind" (BGH, aaO, Rn. 11).

 

Dem Bundesgerichtshof reichte diese Formulierung -gerade noch- für die Annahme eines wirksamen Ausweises subventionserheblicher Tatsachen. Dies begründete er wie folgt:

 

"Da nur einige und zudem fast ausschließlich erhebliche Tatsachen abgefragt werden, wird die umfangreiche Verweisung nicht zu einem grundsätzlich unzulässigen pauschalen oder lediglich formelhaften Hinweis, zu-mal sie sich nur auf im Antragsformular selbst enthaltene Angaben bezieht (so auch LG Hamburg, NJW 2021, 707, 710; Rau/Sleimann NZWiSt 2020, 373, 375; Burgert, StraFo 2020, 181, 185). Einer wirksamen Bezeichnung der subventions-erheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber steht auch nicht entgegen, dass diese ausschließlich in einer vom Subventionsempfänger anzukreuzenden Wissenserklärung aufgeführt werden. Dies führt nicht dazu, dass der Subventionsnehmer selbst über die Subventionserheblichkeit der Tatsache entscheidet (aA Schmuck/Hecken/Tümmler NJOZ 2020, 673, 676 f.). Vielmehr handelt es sich um eine nach Sinn und Zweck zulässige Gestaltungsmöglichkeit, welche die Kenntnisnahme des Subventionsnehmers nachweist." (aaO, Rn. 10)

 

"Das Formular verlangt wie diejenigen anderer Bundesländer auf knapp vier Seiten die bereits genannten Angaben. Der Hinweis, dass „alle Angaben subventionserheblich“ sind, sorgt bei dem Subventionsnehmer für die nötige Klarheit über die subventionserheblichen Tatsachen. Sein Augenmerk wird hinreichend präzise auf die Bedeutung aller abgefragten Angaben gelenkt. Abweichend von den in der Rechtsprechung bisher entschiedenen Konstellationen unzulässiger pauschaler und lediglich formelhafter Verweisungen, bei denen in der Regel lediglich der Wortlaut von § 264 Abs. 9 StGB oder § 2 SubvG wiederholt (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; OLG Jena, Beschluss vom 1. November 2006 – 1 Ws 290/06; LG Magdeburg, wistra 2005, 155, 156 f.; LG Düsseldorf, NStZ 1981, 223) oder auf den Antrag nebst umfangreichen Anlagen, Ge-sprächsprotokolle, Finanzierungspläne und Bewilligungsbescheide Bezug ge-nommen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17 Rn. 47, NStZ-RR 2019, 147, 149), bleibt es hier nicht dem Antragsteller bzw. Subventionsnehmer überlassen, sich Klarheit über die maßgebenden Tatsachen und Angaben zu verschaffen." (aaO, Rn. 10)

 

Demgegenüber wurde in Mecklenburg-Vorpommern -zumindest zeitweise ein Formular verwendet, welches ausschließlich den folgenden Passus zu einem möglichen Subventionsbetrug enthält:

 

"Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig gemachte falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzlich oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetruges (§ 264 StGB) zur Folge haben können.

 

Dies dürfte im Gegensatz den, im Beschluss des Bundesgerichtshofes gegenständlichen Formulierungen nicht mehr für einen wirksamen Ausweis subventionserheblicher Tatsachen genügen. Es wird -anders als beispielsweise im niedersächsischen Formular- weder auf den Begriff der subventionserheblichen Tatsache Bezug genommen oder er gar verwendet noch wird überhaupt klar, welche Tatsachen gemeint sind.

 

 

Eine vom Bundesgerichtshof (BGH, aaO, Rn. 7) geforderte klare und unmissverständliche Darlegung der Subventionserheblichkeit ist im hier gegenständlichen Antrag gerade nicht erfolgt, so dass auch eine Bezeichnung von subventionserheblichen Tatsachen nicht erfolgt ist. 

 

Ergänzend wird angemerkt, dass es auch nicht angezeigt scheint den Anwendungsbereich des § 264 StGB auf diesem Wege noch weiter auszudehnen. Der Gesetzgeber hat nicht umsonst einen eigenen Tatbestand geschaffen und das Tatbestandsmerkmal der subventionserheblichen Tatsache eingeführt. Dies muss insbesondere vor dem Hintergrund gelten, dass gemäß § 264 Abs. 5 StGB auch Leichtfertigkeit bestraft wird, was bei Taten gemäß § 263 StGB nicht der Fall ist.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0