Bei Risiken und Nebenwirkungen... - Strafzumessung bei außerstrafrechtlichen Nebenfolgen

Dass strafrechtliche Verurteilungen, ja bereits strafrechtliche Vorwürfe, ernsthafte und nachhaltige außerstrafrechtliche Folgen nach sich ziehen können war schon des Öfteren Gegenstand auf diesem Blog. Ob es der Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis (lesen Sie hier mehr dazu), die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Untersagung der Gewerbeausübung (hier geht's zum Eintrag) ist, fast jedem droht im Falle entsprechender strafgerichtlicher Verurteilungen auch weiteres Ungemach. Angehörigen sogenannter verkammerter Berufe (z.B. Rechtsanwältinnen, Ärztinnen, Steuerberaterinnen, Apothekerinnen) droht auch ein berufsgerichtliches Verfahren, an dessen Ende auch der Entzug der jeweiligen Zulassung stehen kann (zum Ablauf und den Folgen eines solchen Verfahrens finden Sie hier einen Aufsatz am Beispiel des Arztes).

 

Diese Nebenfolgen strafrechtlicher Vorwürfe haben zweifelsohne strafenden Charakter. Nicht selten führen sie zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz der Betroffenen. Damit stellt sich die Frage, wie ein Strafgericht mit dem Umstand, dass derart erhebliche Nebenfolgen drohen oder gar bereits eingetreten sind, umzugehen hat.

 

Hierzu hat der Bundesgerichtshof kürzlich Vorgaben gemacht (BGH, Beschluss vom 08.03.2022 -3 StR 398/21, hier zitiert nach bundesgerichtshof.de).

 

Gegenstand der dortigen Entscheidung war die Verurteilung eines Rechtsanwalts wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hob das Urteil des Landgerichts im Strafausspruch auf, weil die Entscheidung nicht erkennen gelassen habe, dass sich das Landgericht auch mit den drohenden berufsrechtlichen Konsequenzen auseinandergesetzt hat. Hierzu führt der Senat aus:

 

"Die beruflichen Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung auf das Leben des Angeklagten sind jedenfalls dann als bestimmender Strafzumessungsgrund ausdrücklich anzuführen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert (BGH, Beschluss vom 11. April 2013 - 2 StR 506/12, NStZ 2013, 522 mwN)."

 

Die Entscheidung findet seine Grundlage in § 46 StGB, der die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung vorgibt. Im zu entscheidenden Fall drängte es sich, da die Tat im Rahmen der Berufsausübung begangen wurde, geradezu auf dies bei der Strafzumessung zu problematisieren. In der Praxis werden derart eindeutige Fälle jedoch nur selten vorkommen. Daher muss es Aufgabe aller Verfahrensbeteiligter sein, auch die möglichen Nebenfolgen einer Verurteilung in den Blick zu nehmen und sie in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Gerade für die Verteidigung bietet es sich an, im Rahmen einer Strafhöhenverteidigung auch die Nebenfolgen einer möglichen Verurteilung für den Mandanten gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht aufzuzeigen. Dabei sollte auch beachtet werden, dass z.B. ein Verzicht auf Rechtsmittel gegen Entscheidungen über Nebenfolgen oder die Rücknahme dieser (z.B. Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis) in geeigneten Fällen "Verhandlungsmasse" für eine Erörterung einer Opportunitätseinstellung gemäß §§ 153ff. StPO sein kann. Umgekehrt gilt es auch das Verteidigungsverhalten im Strafverfahren auf möglicherweise anschließend aufkeimende außerstrafrechtliche Folgen auszurichten. So kann sich ein Verfahrensausgang aus rein strafrechtlicher Sicht als durchaus angemessen darstellen, aber außerstrafrechtlich zu erheblichen Problemen führen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang z.B. an den zwingenden Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen gemäß § 123 GWB oder an die Grenze von 60 Tagessätzen in § 5 Abs. 2 WaffG oder in § 7 Abs. 1a LuftSiG.

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