Der Tag hat 24 Stunden - Urteilsabsetzungsfrist vs. Revisionsbegründungsfrist

Urteile in Strafprozessen sind sehr häufig -oft nicht zu Unrecht- Kritik ausgesetzt.

 

Kommt die Kritik von den Verfahrensbeteiligten (Staatsanwaltschaft, Verteidigung, Angeklagter, Nebenkläger) besteht die Möglichkeit gegen dieses Urteil Rechtsmittel einzulegen (für den Nebenkläger nur unter bestimmten Umständen, § 400 StPO).

 

Wurde das Urteil durch das Landgericht oder das Oberlandesgericht gesprochen, ist gegen dieses gemäß § 333 StPO nur noch das Rechtsmittel der Revision zulässig. Im Rahmen der Revision wird das Urteil mithilfe von sogenannten Sach- und Verfahrensrügen auf Rechtsfehler überprüft.

 

Eingelegt werden muss die Revision, wie auch die Berufung oder das unbestimmte Rechtsmittel, binnen einer Woche nach der Verkündung des Urteils bei dem Gericht eingelegt werden, dass das Urteil verkündet hat (§ 341 Abs. 1 StPO). Etwas anderes gilt nur, wenn das Urteil -in bestimmten Fällen- in Abwesenheit des Angeklagten verkündet wurde. Dann beginnt die einwöchige Frist mit der Zustellung des Urteils.

 

Ist die Revision eingelegt, ändert dies zunächst am weiteren Ablauf nichts. Es ist nun die Aufgabe des Gerichts das zuvor mündlich verkündete Urteil zu verschriften und unverzüglich zu den Akten zu bringen wie es in § 275 Abs. 1 StPO heißt.

 

Die Höchstfrist binnen der das schriftliche Urteil zu den Akten gelangen muss, beträgt zunächst 5 Wochen ab Verkündung.

 

Allerdings verlängert sich diese Frist je nach dem wie lange die Hauptverhandlung gedauert hat. So beträgt die beschriebene Frist, wenn die Hauptverhandlung mehr als 3 Tage gedauert hat, nach § 275 Abs. Satz 2, 2. Halbsatz StPO bereits 7, statt 5 Wochen. Dauerte die Hauptverhandlung noch länger, verlängert sich auch die Frist immer weiter.

 

Hierzu ein Beispiel:

 

Fand die Hauptverhandlung an 92 Tagen statt, sind zur "Grundfrist" von 5 Wochen für jeden begonnenen Abschnitt von 10 Hauptverhandlungstagen weitere 2 Wochen hinzuzuaddieren (§ 275 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz StPO). Damit verlängert sich die Frist zur Absetzung des schriftlichen Urteils auf 25 (!) Wochen.

 

Demgegenüber verlängert sich die Revisionsbegründungsfrist nicht. Sie beträgt nach § 345 Abs. 1 Satz 2 StPO immer einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Urteils.

 

Dies bedeutet, dass auch wenn das Gericht u.U. mehrere Jahre Zeit hat um das schriftliche Urteil fertig zu stellen, bleibt dem Angeklagten bzw. dessen Verteidiger nur ein Monat um die eingelegte Revision zu begründen.

 

Dies führt zu schwerwiegenden Problemen und muss als unfair im besten Wortsinne bezeichnet werden.

 

Anders als eine Berufung, die, wird sie nicht beschränkt, zu einer neuen Hauptverhandlung mit allen prozessualen Möglichkeiten (z.B. Beweisantragsrecht etc.) führt, führt die Revision nur zur Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler.

 

Das bedeutet die Revisionsbegründung muss -vereinfacht ausgedrückt- mögliche Rechtsfehler herausarbeiten. Während dies bei der sogenannten Sachrüge, also der Rüge der Verletzung des materiellen Rechts noch relativ einfach ist, da diese nicht ausgeführt werden muss, ist dies bei den sogenannten Verfahrensrügen sehr kompliziert und zeitaufwendig.

 

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stellt derart hohe Anforderungen an die Begründung der Verfahrensrügen, dass es auch erfahrenenen Experten im Revisionsrecht in einigen Fällen nicht gelingt, diese zu erfüllen. Dabei müssen die Verfahrensfehler zumeist nur mit dem schriftlichen Urteil und dem Protokoll der Hauptverhandlung begründet werden. Eine Beweisaufnahme oder Ähnliches findet nicht statt.

 

Das Problem dürfte nun deutlich ersichtlich sein.

 

Man stelle sich nur vor, ein Urteil welches sich mit 92 Tagen Beweisaufnahme auseinandersetzt geht in der Kanzlei des Verteidigers ein. Allein ein solches, häufig mehrere hundert Seiten umfassendes Urteil durchzuarbeiten und auf Fehler zu prüfen, erfordert vollste Aufmerksamkeit und vor allen Dingen Zeit.

 

Dann muss ein entsprechender Entwurf gerfertigt, erörtert und angepasst werden. Nebenbei laufen jedoch auch andere Verfahren. Selbst eine hochspezialisierte Kanzlei stößt hier schnell an Grenzen.

 

Schließlich ist diese Ungleichbehandlung auch nicht zu begründen, so dass dringend zu fordern ist die Revisionsbegründungsfrist an die Urteilsabsetzungsfrist zu knüpfen.

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