Die §§ 43, 44 BDSG - Dashcams, Homepages, soziale Netzwerke - Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Datenschutzrecht

Im Zeitalter der Digitalisierung und damit in Zeiten ständiger Verfüg- und einfachster Transportierbarkeit von Daten ist der Schutz dieser persönlichen Daten ein ständiges Thema in Wirtschaft und Politik.

 

Neben den enormen Gefahren, die sich aus dem allzu sorglosen Umgang mit -zum großen Teil- massenweise erhobenen und gespeicherten Daten ergeben, drohen bei Verstößen auch Sanktionen, die sich im Wesentlichen aus den §§ 43, 44 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ergeben. Die Regelungen  wurden aufgrund des Art. 24 der Richtlinie 95/46/EG in das deutsche Recht eingeführt. Sie enthalten Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände.

Die Tatbestände des § 43 BDSG

Der § 43 BDSG enthält in insgesamt drei Absätzen insgesamt 29 Ordnungswidrigkeiten. Die Tatbestände verweisen jeweils auf weitere Regelungen des BDSG. Aufgrund des Umfangs der Regelung soll im Folgenden nur ihr Inhalt zitiert und einige Beispiele kurz kommentiert werden.

 

So lautet § 43 Abs. 1 BDSG:

 

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 4d Abs. 1, auch in Verbindung mit § 4e Satz 2, eine Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht, 
2. entgegen § 4f Abs. 1 Satz 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit Satz 3 und 6, einen Beauftragten für den Datenschutz nicht, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig bestellt,
2a. entgegen § 10 Absatz 4 Satz 3 nicht gewährleistet, dass die Datenübermittlung festgestellt und überprüft werden kann,
2b. entgegen § 11 Absatz 2 Satz 2 einen Auftrag nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise erteilt oder entgegen § 11 Absatz 2 Satz 4 sich nicht vor Beginn der Datenverarbeitung von der Einhaltung der beim Auftragnehmer getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen überzeugt,
3. entgegen § 28 Abs. 4 Satz 2 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig unterrichtet oder nicht sicherstellt, dass der Betroffene Kenntnis erhalten kann,
3a. entgegen § 28 Absatz 4 Satz 4 eine strengere Form verlangt,
4. entgegen § 28 Abs. 5 Satz 2 personenbezogene Daten übermittelt oder nutzt,
4a. entgegen § 28a Abs. 3 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
5. entgegen § 29 Abs. 2 Satz 3 oder 4 die dort bezeichneten Gründe oder die Art und Weise ihrer glaubhaften Darlegung nicht aufzeichnet,
6. entgegen § 29 Abs. 3 Satz 1 personenbezogene Daten in elektronische oder gedruckte Adress-, Rufnummern-, Branchen- oder vergleichbare Verzeichnisse aufnimmt,
7. entgegen § 29 Abs. 3 Satz 2 die Übernahme von Kennzeichnungen nicht sicherstellt,
7a. entgegen § 29 Abs. 6 ein Auskunftsverlangen nicht richtig behandelt,
7b. entgegen § 29 Abs. 7 Satz 1 einen Verbraucher nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet,
8. entgegen § 33 Abs. 1 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig benachrichtigt,
8a. entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 34 Absatz 1a, entgegen § 34 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 34 Absatz 2 Satz 5, Absatz 3 Satz 1 oder Satz 2 oder Absatz 4 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 34 Absatz 1a Daten nicht speichert,
8b. entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,
8c. entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig an die andere Stelle verweist,
9. entgegen § 35 Abs. 6 Satz 3 Daten ohne Gegendarstellung übermittelt,
10. entgegen § 38 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Maßnahme nicht duldet oder
11. einer vollziehbaren Anordnung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 zuwiderhandelt."

Grundsätzlich dürfen personenbezogene Daten nur  erhoben werden soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat (§ 4 Abs. 1 BDSG). Es ist also von einem Verbotsgrundsatz auszugehen (so auch: BeckOK DatenSR/Bäcker, 21. Ed. 1.2.2017, BDSG, § 4, Rn. 1).

 

Im Folgenden einige Beispiele:

 

Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BDSG handelt ordnungswidrig, wer gegen die in den §§ 4d, 4e BDSG geregelte Meldepflicht verstößt. Abgesehen von den Ausnahmen bei Bestellung eines Beauftragten für Datenschutz (§ 4d Abs. 2) und für Kleinbetriebe (§ 4d Abs. 3) sind bei Verfahren automatisierter Verarbeitungen diese vor ihrer Inbetriebnahme der zuständigen Aufsichtsbehörde in der, in § 4e BDSG vorgeschriebenen Form zu melden.

 

Die Regelungen des § 43 Abs. 1 Nr. 3 bis 7b BDSG beziehen sich wiederum auf die §§ 28, 29 BDSG. Diese betreffen die Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke sowie die geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung zum Zweck der Übermittlung.

 

So begeht eine Ordnungswidrigkeit nach diesen Regelungen beispielsweise, wer eine Person bei der Ansprache zum Zweck der Werbung oder Meinungs- und/oder Marktforschung (z.B. Online-Umfragen zur Kundenzufriedenheit) nicht über das Recht belehrt, dass die Zustimmung zu Erhebung und Verarbeitung der Daten jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widersprochen werden kann. Gleiches gilt für die fehlende Belehrung über die, für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten verantwortliche Stelle. Dies gilt wegen § 43 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 28 Abs. 4 Satz 2 BDSG auch bei Abschluss eines Vertrages (z.B. Kaufvertrag beim Online-Shopping).

 

Gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3a BDSG ist er ebenso bußgeldbewährt für den Widerspruch zur Datenerhebung und -Verarbeitung eine strengere Form zu verlangen als die, in der der zugrundeliegende Vertrag geschlossen wurde. Das bedeutet, wurde der Vertrag per E-Mail geschlossen, darf nicht verlangt werden, den Widerspruch per Brief oder gar Einschreiben zu erklären.

 

Im privaten Bereich, aber wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - 1 StR 32/13, hier zitiert nach HRRS 2013 Nr. 750) zeigt, auch bei Detekteien besonders relevant ist die Regelung des § 43 Abs. 2 BDSG.

 

Diese lautet:

 

"Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet,
2. unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, zum Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält,
3. unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, abruft oder sich oder einem anderen aus automatisierten Verarbeitungen oder nicht automatisierten Dateien verschafft,
4. die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, durch unrichtige Angaben erschleicht,
5. entgegen § 16 Abs. 4 Satz 1, § 28 Abs. 5 Satz 1, auch in Verbindung mit § 29 Abs. 4, § 39 Abs. 1 Satz 1 oder § 40 Abs. 1, die übermittelten Daten für andere Zwecke nutzt,
5a. entgegen § 28 Absatz 3b den Abschluss eines Vertrages von der Einwilligung des Betroffenen abhängig macht,
5b. entgegen § 28 Absatz 4 Satz 1 Daten für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung verarbeitet oder nutzt,
6. entgegen § 30 Absatz 1 Satz 2, § 30a Absatz 3 Satz 3 oder § 40 Absatz 2 Satz 3 ein dort genanntes Merkmal mit einer Einzelangabe zusammenführt oder
7. entgegen § 42a Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht."

Kommentiert werden soll hier nur die Regelung des § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG, da sie beispielsweise bei der Nutzung von Dashcams, aber auch im Zusammenhang mit der weiteren Überwachung von Personen eine Rolle spielt. Bußgeldbewährt ist danach die unbefugte Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten soweit diese nicht allgemein zugänglich sind.

 

Allgemein zugänglich im Sinne der §§ 43, 44 BDSG sind diejenigen Daten, die von jedermann zur Kenntnis genommen werden können, ohne dass der Zugang zu den Daten rechtlich beschränkt ist (BGH, aaO). Unter dem Erheben von Daten im Sinne von § 3 Abs. 3 BDSG ist deren zielgerichtete Beschaffung zu verstehen; es bedarf daher einer Aktivität, durch die die erhebende Stelle Kenntnis von dem betreffenden Sachverhalt erhält (BGH, aaO). Verarbeiten von Daten ist das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen (BeckOK DatenSR/Holländer, BDSG, § 43, Rn. 46-48, beck-online).

 

Unbefugt sind diese Handlungen wegen des oben aufgezeigten Verbotsgrundsatzes (§ 4 Abs. 1 BDSG), wenn sie weder auf eine Rechtsvorschrift noch auf die Einwilligung des Betroffenen gestützt werden kann. Neben gesetzlichen Grundlagen kann die Befugnis jedoch auch auf allgemeine Rechtfertigungsgründe gestützt werden (BGH, aaO). 

 

Es ist dann in jedem Fall eine Abwägung zwischen dem Interesse des die Daten Erhebenden/Verarbeitenden und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des jeweils Betroffenen vorzunehmen (BGH, aaO, Rn. 61ff.; LG Mannheim, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 4 KLs 408 Js 27973/08 –, zitiert nach juris, dort Rn. 125ff., Hier finden Sie dazu weiterführende Informationen).

 

Das Amtsgericht München (Urteil vom 09.08.2017 - 1112 OWi 300 Js 121012/17; zitiert nach der Pressemitteilung des AG München Nr. 76/2017 v. 02.10.2017) entschied beispielsweise, dass eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer dauerhaft mit zwei sogenannten Dashcams die Umgebung seines Kraftfahrzeugs filmt. Das Interesse der Betroffenen an der Aufdeckung einer potentiellen Straftat müsse gegenüber dem Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung zurückstehen. Das permanente anlasslose Filmen des vor und hinter dem geparkten Fahrzeug befindlichen Straßenraumes verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und stelle einen schwerwiegenden Eingriff in dieses Recht dar.

 

Demnach gilt auch bei vermeintlich harmlosen oder nach dem eigenen Rechtsgefühl zulässigen Überwachungsmaßnahmen (z.B. auch das Filmen des Nachbargartens) zunächst Erwägungen zum Datenschutz anzustellen bzw. Erkundigungen zur Rechtslage einzuholen. Dies gilt umso mehr, als dass die Bußgelder bei Verstößen nach § 43 Abs. 1 bis zu 50.000 € und in Fällen des § 43 Abs. 2 bis zu 500.000 € betragen können.

Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Datenschutzrecht

Nach § 44 BDSG macht sich wegen vorsätzlichen Verstößen im Sinne des § 43 Abs. 2 BDSG strafbar, wer diesen Verstoß gegen Entgelt begeht, in der Absicht handelt sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Die Strafe liegt bei bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.

 

Der Begriff des Entgelts wird in § 11 Abs. 1 Nr. 9 StGB definiert. Danach bezeichnet das Entgelt jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung. Das bedeutet, dass nicht nur Zahlungen sondern beispielsweise auch das Freiwerden von einer Verbindlichkeit oder Naturalleistungen den Tatbestand erfüllen. Nach zutreffender Ansicht (Spindler/Schuster/Nink, 3. Aufl. 2015, BDSG, § 44, Rn. 4 mit weiteren Nachweisen) ist es notwendig, dass sich die Gegenleistung konkret auf den Verstoß bezieht, da ansonsten jeder Verstoß gegen § 43 Abs. 2 BDSG durch ein Unternehmen auch eine Strafbarkeit des Handelnden nach § 44 BDSG begründen würde weil ein Unternehmen nahezu immer mit Gewinnerzielungsabsicht handelt (so auch: Nink, aaO).

 

Mit Bereicherungsabsicht handelt, wer sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil verschaffen will, dementsprechend das Erstreben einer „beliebigen finanziellen Besserstellung“ (Spindler/Schuster/Nink, BDSG, § 44, Rn. 5, beck-online; Simitis/Ehmann, BDSG, 8 Auflage 2014, § 44, Rn. 7). Weiter ist die Rechtswidrigkeit der Handlung Voraussetzung.

 

Die Schädigung muss nicht das Vermögen betreffen, sondern kann auch immaterieller Natur sein, so dass auch Ehrverletzungen und Bloßstellungen tatbestandsmäßig sind (Simitis/Ehmann, aaO, Rn. 8).

 

Der strafbare Verstoß gegen den Datenschutz ist gemäß § 44 Abs. 2 BDSG als absolutes Antragsdelikt ausgestaltet. Das bedeutet, dass die Tat nur auf Antrag verfolgt wird. Antragsberechtigt sind neben dem jeweils Betroffenen, die verantwortliche Stelle sowie der Bundesbeauftragte für Datenschutz oder die Aufsichtsbehörde (§ 4d BDSG). Ermittlungen von Amts wegen sind nicht möglich, ein fehlender Strafantrag stellt ein Verfahrenshindernis dar. Es gilt die Antragsfrist des § 77b StGB, so dass der Antrag binnen 3 Monaten ab Kenntnis der Tat und des Täters gestellt werden muss (Nink, aaO, Rn. 9 mit weiteren Nachweisen). Die Frist ist nicht verlängerbar.

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