Schützt die Polizei - Vor Allem vor sich selbst

Logo der Gewerkschaft der Polizei - www.gdp.de
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Das Volk hat Angst. Scheinbar immer und überall. Warum das so ist, lässt sich auf vielfältige Art und Weise erklären. Sicher ist jedoch nur, dass es objektiv nicht gefährlicher geworden ist in Deutschland zu leben.

 

Außerdem gewinnt man leider den Eindruck, Vernunft sei aus der Mode gekommen.

 

Dies führt dazu, dass von allen Seiten der Politik, unterstützt von Lobby-Verbänden wie der Gewerkschaft der Polizei versucht wird, mit Augenwischerei ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Die gewählten Mittel sind jedoch grundfalsch.

 

Besonders bedenklich ist dabei die Rolle der Polizei. Beinahe jede Strafschärfung wird begrüßt, weitere werden gefordert. Insbesondere im Zusammenhang mit Angriffen auf Polizisten wird dabei eine harte Rhetorik an den Tag gelegt. So heißt es auf der Internetseite der Gewerkschaft der Polizei (GdP):

 

"Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist zuversichtlich, dass die Zahl gewaltsamer Übergriffe auf Polizeibeamte zurückgehen wird, wenn die ersten Täter zu Haftstrafen verurteilt worden sind. Der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow sagte am Mittwoch in Berlin: „Der neue Schutzparagraf, auf den sich die Innenministerkonferenz in Saarbrücken verständigt hat, soll deutlich signalisieren: Wer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte angreift, muss mit seiner Inhaftierung rechnen."
(hier abrufbar)

 

Doch benötigen wir wirklich einen größeren Strafrahmen für Angriffe auf Polizeibeamte?

 

Wie bei jedem Angriff, der zu einer Körperverletzung oder einer Gesundheitsschädigung führt, handelt es sich auch wenn es sich bei dem Angegriffenen um einen Polizisten handelt, um eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB. Diese kann mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Setzt der Täter z.B. eine Waffe oder einen gefährlichen Gegenstand ein oder begeht die Tat z.B. zusammen mit anderen Personen, liegt regelmäßig eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB vor, welche mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft wird. Auch dies gilt uneingeschränkt bei Angriffen auf Polizisten. Ebenso sind die Ehrverletzungsdelikte wie Beleidigung oder Verleumdung unproblematisch auf Angriffe auf Polizisten anwendbar.

 

Hinzu kommt, dass Polizisten durch den § 113 StGB bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, namentlich bei der Vornahme einer Diensthandlung besonders geschützt sind. Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift ist es nämlich nicht, dass es zu Verletzungen bei den Polizisten kommt. Ausreichend ist z.B. ein Herauswinden aus dem Griff des Polizisten (AG Güstrow, Urteil vom 12.01.2016, 921 Ds 102/15) oder ein Stemmen gegen Boden oder Hindernisse um z.B. sein Wegtragen zu verhindern (Fischer, StGB, § 113, Rn. 24). Eine Tat nach der zitierten Norm wird mit bis zu 3 Jahren Freiheitstrafe bestraft.

 

Das Argument Polizisten seien rechtlich nicht hinreichend geschützt geht also fehl.

 

Doch vielleicht möchte alle Beteiligten einen besseren Schutz ? Dann stellt sich die Frage, ob ein Solcher mit der Androhung höherer Strafen zu erreichen ist.

 

Um es kurz zu machen: Der Ansatz (potentielle) Täter von der Begehung (weiterer) Straftaten durch härtere Strafen abzuhalten oder durch immense Strafandrohungen abzuschrecken ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sinnlos. Er führt weder zur Reduzierung der Anzahl der begangenen Straftaten noch hat er Auswirkungen auf die Intensität / Schwere der begegangenen Taten. Wie bereits von Liszt (Die Kriminalität der Jugendlichen in: Strafrechtliche Aufsätze und Vorträge, Band 2, Berlin 1905, 331-355; dort S. 338) vor über 100 Jahren feststellte, wächst der "Hang zum Verbrechen“ .. „mit jeder neuen Verurteilung" und "je härter die Vorstrafe nach Art und Maß gewesen ist, desto rascher" erfolgt "der Rückfall".

 

Dies lässt sich auch heute noch anhand von Statistiken belegen. Eine kurze Abhandlung mit weiteren -auch internationalen Nachweisen und Bezügen- findet sich z.B. bei Spiess (What works - Zum Stand der internationalen kriminologischen Wirkungsforschung zu Strafe und Behandlung im Strafvollzug in: Neue Ansätze der Straffälligenhilfe auf dem Prüfstand, Freiburg (Lambertus) 2004, S. 12 - 50, hier abrufbar, dort Seite 5ff.).

 

Die Gründe hierfür sind vielfältig. So führt eine Strafe regelmäßig zur Stigmatisierung des Betroffenen. Eine Solche führt regelmäßig zur gesellschaftlichen und ggf. auch familiären Ausgrenzung. Im schlimmsten Fall wird der Betroffene also ausschließlich oder zumindest überwiegend mit ebenfalls Stigmatisierten (Straftätern) Umgang pflegen und wozu dies führt muss man auch dem Laien nicht erklären. Des Weiteren haben derartige Strafen auch einen negativen Einfluss auf berufliche Perspektiven und damit nicht zuletzt auch einen fiskalisch negatischen Effekt. Wird jemand beispielsweise inhaftiert oder wird gegen einen Jugendlichen Dauerarrest verhängt, verliert er im Regelfall den Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Nach der Haft hat der Betroffene es als Straftäter deutlich schwerer wieder einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden. Demnach wird er wahrscheinlicher auf Sozialleistungen angewiesen sein, was wiederum zu erhöhten Ausgaben führt. Im Übrigen dürfte einleuchten, dass eine Person, die keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgeht und generell schlechtere Perspektiven hat, eher geneigt ist, (weitere) Straftaten zu begehen. Auch zu diesen Umständen existieren seit Jahrzehnten dies belegende Studien.

 

Legt man diese Erkenntnisse zugrunde, ist auch ersichtlich, dass schwerere Strafen eher zu mehr Straftaten führen, als dass sie durch Abschreckung die Sicherheit erhöhen.

 

Es dürfte außerdem ersichtlich sein, dass wer -womöglich im berauschten Zustand- einen Polizisten angreift, sich im Moment der Tat keinerlei Gedanken über eine zu erwartende Strafe macht.

 

Wenn man diese fundierte und über Jahrzehnte erworbenen Erkenntnisse zugrundelegt verbleibt zu dem von Seiten der Polizei so vehement geforderten Strafschärfungen nur eine Einschätzung:

 

Sinnloser Populismus

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