Die Strafbarkeit des "Grusel-Clowns" - Nur "grober Unfug" ?

Die heutige Lokalzeitung titelt "Grusel-Clown erschreckt Frau: Makaberer Trend erreicht MV" (Ostsee-Zeitung vom 21.10.2016). Auch in den sozialen Netzwerken überschlagen sich die Meldungen von einer Person, die in den frühen Morgenstunden des gestrigen Tages eine junge Frau erschreckt haben soll. Die Person trug mutmaßlich einen gepunkteten Anzug und war weiß geschminkt.

 

Neben teilweise widerlichen Drohungen und strafbaren Aufrufen (§ 111 StGB) wie "Hängt den Clown !" oder "Wenn ich den treffe, lacht er nie wieder" fühlte sich sogar die lokale Polizei dazu berufen, dem Fall gleich mehrere Posts zu widmen.

 

Für mich stellt sich die Frage, wie das Erschrecken im Clownskostüm strafrechtlich zu bewerten ist.

 

Wie für Juristen typisch, lautet die Antwort "Es kommt darauf an", denn das bloße Erschrecken eines anderen während man ein Clownskostüm trägt, ist nicht strafbar. Eine Strafbarkeit kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn sich das Verhalten als Bedrohung, Nötigung oder gar (gefährliche) Körperverletzung darstellt.

 

Eine Strafbarkeit wegen Bedrohung im Sinne des § 241 StGB erfordert zunächst die Bedrohung einer Person mit einem gegen ihn oder eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechen. Drohung meint dabei das Inaussichtstellen eines Verbrechens (nicht: jede Straftat). Der Täter muss die Verwirklichung des Verbrechens als in seiner Macht stehend darstellen (zum Ganzen: Fischer, StGB, 61. Auflage, § 241, Rn. 3a). Eine solche Drohung kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 4 StR 419/14 –,  zitiert nach juris, dort Rn. 9). Demnach käme, wenn der "Clown" mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Gegenstand auf das Opfer zuläuft oder seine Richtung schlägt und es z.B. mit diesem verfolgt, durchaus eine Strafbarkeit wegen Bedrohung in Betracht. Das einfache Hervorspringen auch mit einem Gegenstand der als Waffe dienen kann, reicht hingegen nicht aus. Es muss sich aus dem Verhalten -mehr oder weniger- unmissverständlich ergeben, dass der "Clown" z.B. töten, vergewaltigen oder schwer verletzen will. Die subjektive Einschätzung des Opfer kann nicht zugrunde gelegt werden. In Zweifelsfällen wäre der "Clown" wegen des indubio pro reo-Grundsatzes freizusprechen.


 

Ähnliches gilt für eine Nötigung nach § 240 StGB. Notwendig ist hier, dass der Täter einen Anderen mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Bei dem Erschrecken durch einen "Clown" stellt sich folglich schon die Frage, worin der sogenannte Nötigungserfolg, also die Handlung, das Dulden oder Unterlassen liegen soll. Eine Nötigung setzt das Erzwingen eines bestimmten Verhaltens voraus (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Februar 2013 – III-5 RVs 6/13, 5 RVs 6/13 –, zitiert nach juris, dort Rn. 10), was wiederum einen entgegenstehenden Willen des Opfer voraussetzt. Da das Opfer jedoch regelmäßig überrascht sein wird und einen entgegenstehenden Willen nicht bilden konnte, entfällt eine Nötigung bereits aus diesem Grund. Des Weiteren fehlt es an einem bestimmten Verhalten. Dem "Clown" wird es regelmäßig egal sein, ob sein Opfer wegläuft, vor Angst erstarrt und/oder schreit.

 

Die Begehung einer Körperverletzung käme nur dann in Betracht, wenn der "Clown" tatsächlich handgreiflich wird und das Opfer schlägt, tritt, sticht oder anderweitig Handlungen durchführt, die bei dem Opfer zu einer Verletzung oder Gesundheitsbeschädigung führt (zu den Begrifflichkeiten lesen Sie hier mehr). Auch die vom Opfer gegebenenfalls erlebten Angst- und Panikgefühle stellen grundsätzlich keine Gesundheitsschädigung im Sinne des Gesetzes dar (BGH, Beschluss vom 09. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, zitiert nach juris, dort Rn. 34). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich infolge dieser psychischen Belastungen ein objektivierbarer pathologischer Zustand ergibt, also ein reales Krankheitsbild besteht (Fischer, aaO, § 223, Rn. 12).

 

Auf den ersten Blick denkbar wäre jedoch die Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit. Hier käme u.U. eine "Belästigung der Allgemeinheit" im Sinne des § 118 OWiG in Betracht. Die Norm ersetzt den früheren § 360 Abs. 1 Nr. 11 StGB, welcher "groben Unfug" unter Strafe stellte. Voraussetzung für die Begehung einer solchen Belästigung ist die Vornahme einer "grob ungehörigen Handlung", so dass sich die Frage stellt was darunter zu verstehen ist. Göhler (OWiG, 12. Auflage, § 118, Rn. 4) definiert sie als Handlung, die in einem deutlichen Widerspruch zur Gemeinschaftsordung steht. Die Tat muss gegen die Gemeinschaftsordnung gerichtet sein. Dies ließe sich bei einem derart verkleideten Erschrecken durchaus vertreten. Da in der Vergangenheit selbst das Überkleben eines Wahlplakats und das Umstellen einer Bank in einem öffentlichen Park als tatbestandsmäßig gewertet wurden (Nachweise bei Göhler, aaO, Rn. 12), muss davon ausgegangen werden, dass auch das Erschrecken im Clownskostüm darunter fällt. Die Höhe der Geldbuße kann nach § 17 Abs. 1 OWiG höchstens 1.000,00 € betragen.

 

Abschließend erlaube ich mir die Bemerkung und die Frage, ob die Sicherheits- und Ermittlungsbehörden keine wichtigeren Aufgaben wahrnehmen müssten. Die aktuellen Vorgänge sind jedenfalls ein hervorragendes Beispiel für mediale Überrepräsentation von -vermeintlichen- Straftaten.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0